Leseliste

Donnerstag, 13. Dezember 2012

"Die Plantage" von Catherine Tarley

Amerika 1781. Die verwitwete Antonia Lorimer versucht verzweifelt ihre Plantage vor dem Ruin zu bewahren. In einer Zeit, in der Geschäfte eine reine Männerdomäne sind ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Wie der Zufall es will, findet sie eines Nachts einen verletzten Mann in ihren Stallungen. Obwohl der Verwundete schnell als englischer Soldat und somit als Feind enttarnt ist, pflegt sie ihn gesund und macht ihn anschließend zu ihrem Verwalter.

Ähnlich wenige Details verriet mir der Klappentext und so ging ich davon aus, dass es sich bei Catherine Tarleys Roman um eine Südstaatenschnulze auf über 800 Seiten handelt.
Tatsächlich hat das Buch allerdings eine weitaus breitere Themenvielfalt zu bieten, als man anfänglich vermutet. Man könnte sogar sagen, dass das inhaltliche Spektrum kaum ein mögliches Szenario auslässt. Von Krieg über indianische Medizinfrauen und Sklaverei bis hin zu einem psychopathischen Mörder ist hier alles vertreten.
Der integrierte Kriminalfall war wohl die größte Überraschung. Die Autorin spart nicht mit blutigen und brutalen Details und insbesondere gegen Ende sorgt die Suche nach dem Mörder für Spannung und beschleunigt das Lesetempo.

Worauf ich in diesem Roman jedoch vergeblich wartete war die große Liebesromanze. Sicherlich, Antonia und William Marshall gehen eine Beziehung ein und wie die zwei Königskinder fällt es ihnen schwer, zueinander zu finden.
Dennoch ist dies kein Schicksal, bei welchem man mit Tränen in den Augen mitfiebert. Zu kantig und emotionslos erscheint der Held William. Getrieben von Rachegelüsten vereinnahmt ihn die Suche nach seinen einstigen Peinigern. Es fällt ihm schwer, Gefühle zu zulassen und durch seinen harten Kern ist es auch für den Leser nicht einfach Sympathie für ihn zu entwickeln.
Auch Antonia empfand ich als einen etwas schwierigen Charakter, zu dem ich bis zuletzt keinen wirklichen Zugang fand. Sie ist nicht die starke Frau, wie man zuerst erwartet, keine zweite Scarlett O' Hara. Im Grunde ist sie eine hilflose Witwe, die stets auf die Hilfe Anderer angewiesen ist. Sei es William, ihr Banker Andy, ihr schwarzer Halbbruder Joshua oder ihr Kindermädchen Charlene. Immer sind es die Anderen, die ihr die Welt erklären und den Weg nach vorne ebenen.

Teilweise agieren die Protagonisten in einer Art und Weise, in der ich wirklich nicht anders konnte, als darüber den Kopf zu schütteln. Sowohl der Umgang mit Antonias Schwangerschaft als auch der verzweifelte Versuch aller Beteiligten den Mörder zu schützen wirken mehr als blauäugig.

Am Ende wartet die Autorin mit einem überraschenden Schluss auf, mit welchem ich nie und nimmer gerechnet hätte, welches Antonia allerdings einen weiteren Minuspunkt bei mir einbrachte.

Fazit
„Die Plantage“ ist auf Grund seiner Dicke eine Geschichte, die den Leser länger begleitet. Hier und da hätte eine Kürzung die Story schneller in Fahrt gebracht. Gerade zu Anfang tat ich mir etwas schwer, mich in das Buch zu vertiefen. Insbesondere gegen Ende, als der Fokus sich immer mehr auf das Wirken des Mörders verschiebt, wurde der Roman doch noch zu einem spannenden Leseerlebnis und ich blieb längere Zeit am Stück in der Geschichte hängen.
Die Autorin hat in jedem Fall die geschichtlichen Hintergründe gut recherchiert und die Problematiken seitens Geschlecht und Hautfarbe glaubhaft dargestellt. Ein umfangfreiches Glossar rundet die Erläuterungen ab.
Auch die optische Aufmachung ist gelungen und das stattliche Herrenhaus auf dem Cover lädt dazu ein, Damen in Reifröcken und Pferdekutschen vor dem inneren Auge entstehen zu lassen.

Für verschneite Winterwochenenden eine sicherlich nicht ganz verkehrte Leseempfehlung.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen