Amerika 1781. Die
verwitwete Antonia Lorimer versucht verzweifelt ihre Plantage vor dem
Ruin zu bewahren. In einer Zeit, in der Geschäfte eine reine
Männerdomäne sind ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Wie der
Zufall es will, findet sie eines Nachts einen verletzten Mann in
ihren Stallungen. Obwohl der Verwundete schnell als englischer Soldat
und somit als Feind enttarnt ist, pflegt sie ihn gesund und macht ihn
anschließend zu ihrem Verwalter.
Ähnlich wenige Details
verriet mir der Klappentext und so ging ich davon aus, dass es sich
bei Catherine Tarleys Roman um eine Südstaatenschnulze auf über 800
Seiten handelt.
Tatsächlich hat das Buch
allerdings eine weitaus breitere Themenvielfalt zu bieten, als man
anfänglich vermutet. Man könnte sogar sagen, dass das inhaltliche
Spektrum kaum ein mögliches Szenario auslässt. Von Krieg über
indianische Medizinfrauen und Sklaverei bis hin zu einem
psychopathischen Mörder ist hier alles vertreten.
Der integrierte
Kriminalfall war wohl die größte Überraschung. Die Autorin spart
nicht mit blutigen und brutalen Details und insbesondere gegen Ende
sorgt die Suche nach dem Mörder für Spannung und beschleunigt das
Lesetempo.
Worauf ich in diesem
Roman jedoch vergeblich wartete war die große Liebesromanze.
Sicherlich, Antonia und William Marshall gehen eine Beziehung ein und
wie die zwei Königskinder fällt es ihnen schwer, zueinander zu
finden.
Dennoch ist dies kein
Schicksal, bei welchem man mit Tränen in den Augen mitfiebert. Zu
kantig und emotionslos erscheint der Held William. Getrieben von
Rachegelüsten vereinnahmt ihn die Suche nach seinen einstigen
Peinigern. Es fällt ihm schwer, Gefühle zu zulassen und durch
seinen harten Kern ist es auch für den Leser nicht einfach Sympathie
für ihn zu entwickeln.
Auch Antonia empfand ich
als einen etwas schwierigen Charakter, zu dem ich bis zuletzt keinen
wirklichen Zugang fand. Sie ist nicht die starke Frau, wie man zuerst
erwartet, keine zweite Scarlett O' Hara. Im Grunde ist sie eine
hilflose Witwe, die stets auf die Hilfe Anderer angewiesen ist. Sei
es William, ihr Banker Andy, ihr schwarzer Halbbruder Joshua oder ihr
Kindermädchen Charlene. Immer sind es die Anderen, die ihr die Welt
erklären und den Weg nach vorne ebenen.
Teilweise agieren die
Protagonisten in einer Art und Weise, in der ich wirklich nicht
anders konnte, als darüber den Kopf zu schütteln. Sowohl der Umgang
mit Antonias Schwangerschaft als auch der verzweifelte Versuch aller
Beteiligten den Mörder zu schützen wirken mehr als blauäugig.
Am Ende wartet die
Autorin mit einem überraschenden Schluss auf, mit welchem ich nie
und nimmer gerechnet hätte, welches Antonia allerdings einen
weiteren Minuspunkt bei mir einbrachte.
Fazit
„Die Plantage“ ist
auf Grund seiner Dicke eine Geschichte, die den Leser länger
begleitet. Hier und da hätte eine Kürzung die Story schneller in
Fahrt gebracht. Gerade zu Anfang tat ich mir etwas schwer, mich in
das Buch zu vertiefen. Insbesondere gegen Ende, als der Fokus sich
immer mehr auf das Wirken des Mörders verschiebt, wurde der Roman
doch noch zu einem spannenden Leseerlebnis und ich blieb längere
Zeit am Stück in der Geschichte hängen.
Die Autorin hat in jedem
Fall die geschichtlichen Hintergründe gut recherchiert und die
Problematiken seitens Geschlecht und Hautfarbe glaubhaft dargestellt.
Ein umfangfreiches Glossar rundet die Erläuterungen ab.
Auch die optische
Aufmachung ist gelungen und das stattliche Herrenhaus auf dem Cover
lädt dazu ein, Damen in Reifröcken und Pferdekutschen vor dem
inneren Auge entstehen zu lassen.
Für verschneite
Winterwochenenden eine sicherlich nicht ganz verkehrte
Leseempfehlung.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen