Es gibt Bücher, die mich bereits von
der ersten Zeile an in den Bann ziehen. „Opfer“ von Cathi
Unsworth ist ein solches Buch.
Der Kriminalroman ist unterteilt in
zwei Zeitebenen. Im Jahr 2003 wird Privatdetektiv Sean Ward
beauftragt, Ermittlungen im Fall Corrine Woodrow anzustellen. Diese
sitzt seit mittlerweile 20 Jahren in einer psychiatrischen Anstalt,
nachdem sie vermeintlich einen Ritualmord begangen hat.
In langen Rückblicken wird das Leben
der damals 15-jährigen Corrine aufgerollt, die auf Grund ihres
familiären Hintergrunds nur wenig Chancen im Leben hatte.
Detailliert schildert die Autorin den Alltag des Mädchens, ihre
Schulzeit, ihre Freunde und ihre Freizeitgestaltung.
Schnell kristallisiert sich heraus,
dass die verurteilte Mörderin in Wahrheit nur ein Opfer ist. Ohne
Halt, dafür auf der Suche nach Zugehörigkeit schlittert sie in eine
Situation, deren Ausmaß sie nicht gewachsen ist.
„Opfer“ ist weniger ein
Kriminalroman sondern eher ein Roman. Dem Leser ist quasi von Anfang
an bewusst, dass im Fall Corrine ein Justizirrtum vorliegt. Es geht
beim Lesen nur als Nebenprodukt darum, einen Mörder zu entlarven.
Viel mehr liegt die Spannung darin, jenen verhängnisvollen Sommer
hautnah an Corrines Seite mitzuverfolgen.
Der Autorin gelingt es außerordentlich
gut, die Charaktere lebendig werden zu lassen und ich war zu jeder
Zeit absolut gefesselt von der Thematik und dem Handlungsverlauf.
Gerne hätte das Buch für meinen
Geschmack einzig in der Vergangenheit spielen können bzw. hätte
eine Kürzung der Handlung um Sean Ward der Geschichte noch
zusätzlich Tempo verschafft. Die Begebenheiten im Jahr 2003
erschienen teilweise doch recht konstruiert und durchzogen von vielen
Zufällen. Aber dieser Kritikpunkt sei nur ganz am Rande erwähnt,
den „Opfer“ war eine sehr spannende Lektüre, die ich kaum aus
der Hand legen wollte.
Cathi Unsworth – bitte mehr davon!