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Dienstag, 14. August 2012

"Wenn die Nacht am stillsten ist" von Arezu Weitholz


Als Anna Ludwig findet, liegt er im Bett. Nach einer Überdosis Tabletten ist er in einen tiefen Schlaf gefallen. Man würde erwarten, dass Anna nun panisch den Notarzt ruft. Doch nein, sie setzt sich an sein Bett, betrachtet den bewusstlosen Ludwig und beginnt zu reden. Was im ersten Moment irrational und hartherzig erscheint, erschließt sich beim weiteren Lesen als wortgewaltiger Ausbruch einer ungehörten Frau.
Die von ihren Mitmenschen unbeachtete Anna und Ludwig, der weltgewandte Karrieremensch, der nur Bewunderung erntet - ein Paar, wie es unterschiedlicher nicht sein kann. Ihre Beziehung ist geheimgehalten sowie auch die Gefühle des Paares. Sorgen und Nöte sind für Ludwig ein Ausdruck von Schwäche und dafür hat er in seiner Welt keinen Platz. Er lässt die Frau an seiner Seite emotional verhungern und so muss diese alleine fertig werden, mit der Krankheit ihrer Mutter und mit ihrer Vergangenheit.

Mit „Wenn die Nacht am Stillsten ist“ legt Arezu Weitholz ein kleines Buch großer Worte vor. Die ersten 40 Seiten umfassen einen Monolog Annas, während sie an Ludwigs Bett sitzt. Ihre Gedanken springen hin und her und man kann die Situation nicht sofort erfassen. Das zweite Kapitel befasst sich mit dem Tag vor dem einschneidenden Erlebnis. Hier wird der Erzählstil ruhiger und man fühlt sich schnell mitten im Geschehen. Die Charaktere und Orte entstehen lebendig vor dem inneren Auge des Lesers. Und auch die Emotionen Annas schwappen aus den Buchseiten heraus. Man empfindet Mitgefühl mit dieser einsamen Frau und möchte ihr gerne beistehen.

Etwas störend empfand ich, dass das Buch in lediglich zwei Kapitel unterteilt ist und es so etwas schwierig ist, einen Absatz zu finden, um das Lesen zu unterbrechen. Aber da das Buch eine geringe Seitenzahl von 200 beträgt, habe ich einfach immer weiter gelesen, die Geschichte entwickelt einen Sog und lässt einen nicht mehr los. Die von Frau Weitholz verwendete Sprache ist wunderschön und ich habe bewusst langsam gelesen um kein einziges Wort, keinen Satz zu verpassen sondern alle aufzunehmen. Das Ende kommt viel zu schnell und lässt den Leser im ersten Moment ratlos zurück. Im nächsten Augenblick ist genau dieses Ende zum Roman passend – jedes Andere wäre zu trivial.


1 Kommentar:

  1. Das Buch klingt toll. Ich habe es direkt bei Amazon auf die Wishlist gepackt :) Danke für den Bericht.

    LG
    Chaoselfe

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