Der Berliner Kommissar Gereon Rath wird
zu einem seltsamen Tatort gerufen. In einem Fahrstuhl des
Vergnügungstempels „Haus Vaterland“ wurde eine Leiche gefunden –
Todesursache: Ertrinken.
Da Gereons Gedanken momentan vorallem
um seine Verlobung mit der Kommissaranwärterin Charly kreisen kommt
ihm der neue Fall alles andere als gelegen und er nimmt seine
Ermittlungen nur halbherzig auf. Dies ändert sich schlagartig, als
weitere Opfer mit der gleichen Todesursache auftauchen und Rath von
seinem Chef nach Masuren abkommandiert wird um die Vergangenheit der
Ermordeten zu erforschen.
Dort angekommen gerät der Kommissar in
immer tiefere Verstrickungen und in ein Netz einer
festzusammenhaltenden Dorfgemeinschaft.
Volker Kutschers neuer Krimi spielt im
Jahre 1932. Schon alleine dies hat mein Interesse an dem Buch
geweckt. Während in der heutigen Zeit Technologien eine immer
größere, unverzichtbare Rolle spielen, ermitteln die Polizisten
hier auf eine, gezwungenermaßen, gemächliche Art, setzen das Puzzle
aber kontinuierlich zusammen. So manches Mal musste ich schmunzeln,
wenn der Autor längst vergangene Alltagssituationen vor dem Auge des
Lesers aufleben lässt, wie z. B. die Regelung des Ampelverkehrs über
einen Verkehrsturm. Um Kollegen anrufen ,zu können mussten die
Kommissare erst einen öffentlichen Münzsprecher suchen und wer in
der Wildnis unterwegs ist, war eben nicht zu erreichen. Ein für
heute undenkbarer Zustand.
Auch das mittlerweile oft so verpönte
Rauchen gehörte damals noch zum guten Ton. So zündet sich Gereon
Rath alle paar Seiten eine seiner geliebten Overstolz-Zigaretten an
und auch in Vernehmungen wird gerne ersteinmal eine Zigarette
geschmaucht.
Generell zeichnet Volker Kutscher
seinen Roman sehr bildhaft und der Leser fühlt sich mitten in einem
spannenden Schwarz-weiß-Film. Unterstützend hierzu hat der Verlag
eigens für diese Serie eine Webseite unter gereonrath.de
eingerichtet, unter der Originalaufnahmen aus dem Berlin der 30er
Jahre zu finden sind.
Auch die brisante politische Situation
lässt der Autor gekonnt in seine Geschichte einfließen. Unmittelbar
vor seiner Machtergreifung ist Adolf Hitler für viele Protagonisten
des Romans immer noch eine nicht wirklich ernstzunehmende Gefahr. Der
vermehrte Aufmarsch brauner Anhänger wird als Störung des
friedlichen Miteinanders. aber gleichzeitig auch als vorübergehende
Erscheinung, wahrgenommen. Dies spiegelt sicher eine authentische
Meinung vieler Bürger der damaligen Zeit wieder.
Sowohl für den Prolog als auch für
den Epilog hat Volker Kutscher die Erzählperspektive des Indianers
Tokala gewählt, der eine entscheidende Rolle in der Geschichte
spielt, wodurch sich der Kreis, der mit der ersten Zeile begann, mit
der letzten harmonisch schließt.
„Die Akte Vaterland“ ist bereits
der vierte Kriminalroman um Gereon Rath. Ich hatte bisher noch keinen
Teil dieser Serie gelesen und leider auch nicht davon gehört. Es
lässt sich problemlos auch erst beim vierten Band einsteigen. Von
Anfang an fühlte ich mich mitten im Geschehen und die klein gewählte
Schrift störte mich nach den ersten paar Seiten nicht mehr.
Definitiv macht dieser Krimi Lust auf mehr – mehr von Gereon Rath
und so sind seine anderen drei Fälle bereits auf meine Wunschliste
gewandert. Ich freue mich über die Neuentdeckung einer Krimiserie,
die aus der Masse hervor sticht.
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